Im letzten Frühling waren zwei Geschäftsleute eines japanischen IT-Unternehmens, das einen Standort für ein Büro in Europa suchte, bei einem der World Trade Center in Deutschland zu Besuch.
Das World Trade Center ist mit ca. 12 Stockwerken ein eher gedrungener Glas-Stahl-Bau aus den frühen 80ern. Das Foyer erstreckt sich fast über das ganze Erdgeschoß, ist sparsam beleuchtet und hat trotz der hohen Decken einen Höhlencharakter. Nichts außer einem verlassenen Counter. Frau H., Mitte 30, groß, blond, mit weißer Bluse und schwarzem Rock, erscheint und empfängt die beiden Gäste. Sie entschuldigt sich, dass zur Zeit keine Bilder hängen und zeigt auf die beiden leeren Tafeln an der Wand. Normalerweise seien dort abwechselnd Malereien von jüngen Künstlern.
Nach der Power-Point-Präsentation über die Attraktivität des Standorts gibt es einen Rundgang im WTC. Wir schauen die leeren Büroräume an, die zu vergünstigten Bedingungen gemietet werden können. Die beiden Japaner fragen, welche anderen Unternehmen bereits hier sind, inspizieren die Steckdosen und testen die Schallempfindlichkeit, indem sie die Zwischentür schließen und gegenseitig lauschen. Wir gehen wieder raus in den Flur und folgen Frau H. Der Flur ist eng und führt im Kreis. Die Türen reihen sich in kleinen Abständen am Flur entlang. Gerade will sie die Teeküche zeigen. Da geht die Tür von Innen auf und ein Mann, Mitte 30, an einem Ohr ein Piercing, mit unmodischer Jeansjacke und Jeanshose, verblasstem rosa T-Shirt, schwer bepackt mit zwei bunten Plastiktüten voll mit Orangen- und Apfelsaft-Tetrapacks, kommt raus. Wir alle bleiben vor der Tür wie erstarrt stehen. Offensichtlich kein Angestellter. Für Putzpersonal ist es zu spät, es ist gerade mittag. Ein Junkie.
Frau H. erfasst sofort die Situation und befragt ihn im harten Ton:
"Wer sind Sie!"
Er überlegt kurz und antwortet schwach:
"Ich bin Azubi."
Sie ist wütend, brüllt ihn an die Wand:
"Wo arbeiten Sie, bei welcher Firma werden Sie ausgebildet, wo!"
Er, verzweifelt:
"Ich will Azubi werden!"
Frau H. zwingt ihn eigenhändig zum Ausgang. Zwei Sicherheitsleute kümmern sich um ihn. Unser Rundgang wird gleich fortgesetzt. Wir sagen nicht mehr so viel.